Unsere Friedensreferentin Annelie Möller konnte am 10.4.2025 in der Stadtratsdebatte als Gastrednerin sprechen zum Thema: „Keine militärischen Waffen beim Stadtfest!“ (Antrag Linksfraktion).
Dies ist ihre Rede:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte!
Das Ökumenische Informationszentrum wurde 1990 von den Kirchen der Stadt gegründet gemeinsam mit den lokalen Friedens- und Umweltgruppen der DDR. Aus dieser Tradition heraus engagieren wir uns für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Wenn das ÖIZ sich zu Kriegsgerät auf dem Stadtfest äußert, dann tun wir dies nicht, um uns und Kirchenvertreter parteipolitisch zu positionieren. Wir unterstützen den vorliegenden Antragstext, auch wenn wir dies mit einer anderen Begründung als die Linksfraktion tun.
In dieser Debatte geht es für uns nicht um die Frage: Soll Deutschland verteidigungsfähig werden oder nicht?Es geht uns um die Frage des Kinderschutzes – wie gehen wir mit unserer Jugend um?!
Die Debatte über die deutsche Verteidigungspolitik muss dringend und ernsthaft geführt werden, aber ein Stadtfest ist der falsche Ort dafür.
Das Stadtfest soll ein Ort sein, wo die vielen Menschen in Dresden mit unterschiedlicher Meinung einmal MITeinander feiern können. Es soll der Gemeinschaft der Stadt guttun, wo wir doch so oft miteinander streiten oder gar nicht miteinander reden.
Wir als ÖIZ und die Kirchen bieten außerhalb des Stadtfestes Raum zum Austausch auch über die Verteidigungspolitik an. Heute abend gehe ich noch zu einer Veranstaltung „Miteinander reden – wie wehrhaft darf der Frieden sein?“
Aber um diese Frage geht es für uns im Antragstext nicht, es wird ein Votum abgestimmt, ob Panzer auf dem Stadtfest vorgeführt werden sollen. Ich habe mir letztes Jahr den Panzer angeschaut und möchte Ihnen meine Handyfotos zur Verfügung stellen – es waren Grundschüler und Kindergartenkinder, die Schlange standen vor der „eindrucksvollen Maschine“.
Wir sehen darin die Gefahr der Manipulation von Kindern. Panzer werden bei der Ausstellung als Erlebnisraum, als Spielgerät für Kinder und Jugendliche erfahren. Dazu kommt die Faszination für Technik und für große Fahrzeuge. Das schafft einen emotionalen und erlebnisorientierten Zugang zu militärischer Gewalt.
Ja, Ich bin Mutter von zwei Jungs im Grundschulalter! Ich kenne kaum einen Jungen, der nicht gern Schießen mit Waffen spielt.
Wenn dies noch mit einer ausgelassenen Feststimmung kombiniert wird, dann verkehrt es den Sinn von Panzern. Man kann damit nicht verhindern, dass diese Geräte unkritisch bestaunt werden. Kinder finden das cool und stark, ohne die Konsequenzen zu kennen. Die mit Bundeswehreinsätzen verbundenen Risiken, wie Depression, Traumata, Behinderungen und Tod werden nicht ausgestellt. Von Besuchern des Stadtfestes wird auch keine differenzierte Auseinandersetzung gesucht, und das ist da auch nicht möglich. Wir kritisieren, dass die Stimmung des Stadtfestes genutzt wird, um positive Gefühle mit dem Kriegsgerät zu verbinden.
2023 war jeder 10. Rekrutierte der Bundeswehr minderjährig, der Höchststand seit Aufzeichnung 2011. Es widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention. Der UN-Ausschuss für die Einhaltung der Kinderrechte hat Deutschland schon mehrfach aufgefordert, keine Minderjährigen zu rekrutieren und jegliche militärische Werbung bei Minderjährigen zu unterlassen.
In vielen Bereichen der Gesellschaft wird der Kinderschutz mit so großer Priorität gehandhabt. Welches Bild von Normalität wollen wir unseren Kindern auf einem Fest beibringen? Welches Signal geht damit von unserem Stadtfest aus? Wo sind unsere Grenzen für eine Militarisierung der Gesellschaft?
Unsere Position wird engagiert unterstützt von den beiden evangelischen Superintendenten. d.h. den leitenden Dresdner Kirchenvertretern Christian Behr und Albrecht Nollau, und von dem katholischen Dresdner Dekan, Norbert Büchner.
Ich möchte keine Geringschätzung der Bundeswehr zum Ausdruck bringen, aber meine Haltung gegen die Vermischung von Spass und Kriegsgerät!
Auch wenn Sie die Präsenz der Bundeswehr auf dem Stadtfest befürworten, gibt es Wege, die ohne Zurschaustellung von Kriegsgerät auskommen.
Ich rufe Sie auf, in diesem Votum nicht parteipolitisch für Verteidigungspolitik abzustimmen, sondern nach Ihrem Gewissen für die Kinder unserer Stadt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Zeit, mir zuzuhören!“
Nachtrag:
Dem Antragsteller ging es nicht wie mir um die Art der Präsentation der Bundeswehr auf dem Stadtfest (was für viele Menschen anschlussfähig wäre) , sondern um eine Stellungnahme gegen Aufrüstung und Verteidigungsfähigkeit an sich.
Es war eine gute und sachliche Debatte. Aber das Thema Kinderschutz wurde ansonsten kaum aufgegriffen. Alle anderen Redner:innen fokussierten das Thema „Verteidigungspolitik“, und welches Signal aus dem Stadtrat damit gesendet werden sollte. Das Anliegen, dass die Bundeswehr mehr Bedeutung in der Gesellschaft bekommt und somit auch das Stadtfest dafür genutzt werden sollte, hatte dann am Ende die Mehrheit mit 57:25 Stimmen und 4 Enthaltungen.
Schade, dass die Mehrheit des Stadtrates dieses Signal nicht anders senden konnte und das Stadtfest dafür nutzen „musste“. „Das muss die Stadtgesellschaft aushalten“ war zu hören.
Annelie Möller
Aufzeichnung der gesamten Stadtratssitzung: https://www.dresden.de/de/rathaus/politik/stadtrat/stadtratssitzung-live3.php
Tagesordnungspunkt 6: „Keine militärischen Waffen beim Stadtfest“ ab 1:45:00
Pressereaktionen:
https://www.saechsische.de/lokales/dresden/dresden-bleiben-kriegswaffen-auf-dem-stadtfest-erlaubt-WVVYRQECNRGRFCDKUEZHZHYD6E.html#wer-hat-sich-fur-ein-kriegswaffenverbot-auf-dem-stadtfest-ausgesprochen
https://www.dnn.de/lokales/dresden/bundeswehr-darf-mit-kriegswaffen-auf-dem-stadtfest-in-dresden-bleiben-3FG2HH2E5ZBIRDFW3A4ZNX5GGE.html
https://www.tag24.de/dresden/politik-wirtschaft/sorge-umratsentscheidung-entscheidet-bundeswehr-darf-panzer-und-co-beim-stadtfest-praesentieren-6-3376383